Bewegung und Lernen

Bewegung ist wichtig für die körperliche, kognitive und emotionale Entwicklung

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Dass Bewegung zu einem gesunden Leben dazu gehört, wissen wir alle. Die spannende Frage ist wie immer, ob wir auch im Alltag daran denken und es vor allem auch tun… Heute möchte ich mit dir schauen, wie Bewegung und Lernen zusammenhängen und wie es in eurem Alltag aussieht. Viele der Erkenntnisse gelten übrigens nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene bis ins hohe Alter.

Warum Bewegung so wichtig ist

Zu Anfang eine kurze Zusammenfassung, warum Bewegung generell wichtig ist für eine gesunde Entwicklung bei Kindern:

  • Bewegung regt die Entwicklung und die Vernetzung von Nervenzellen, den Neuronen, im Gehirn an. Das beginnt bereits im Mutterleib und setzt sich auch in den folgenden Jahren fort.

  • Der Körper braucht Bewegung, damit das Knochenwachstum, die Knochendichte und die Muskulatur sich gut entwickeln und ausbilden und damit die Organe des Körpers optimal funktionieren können.

  • Regelmäßige Bewegung hilft dabei, überschüssige Energie zu verbrennen und unterstützt dabei, ein gesundes Körpergewicht zu erhalten.

  • Körperliche Aktivität trägt dazu bei, das Herz-Kreislauf-System zu stärken und kann dazu beitragen, das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen im späteren Leben zu reduzieren.

  • Über Bewegung entwickeln sich außerdem Körpergefühl, Motorik und Selbstwahrnehmung.

  • Bewegung kann das Gehirn positiv beeinflussen, indem es die Konzentration, das Gedächtnis, die Aufmerksamkeit und die kognitive Flexibilität verbessert – und somit lernt man besser.

  • Über körperliche Wahrnehmungen begreifen Kinder ihre Umwelt. Wenn Kinder bestimmte Dinge nicht selbst erfahren, wirklich „begreifen“ können, dann fehlt ihnen die Vorstellung davon, beispielsweise was ist wackelig, rutschig, anstrengend, steil usw.

  • Ein Mangel an Bewegung kann zu körperlichen Problemen wie Übergewicht, motorischen Defiziten und Haltungsschäden führen und außerdem das Risiko von psychischen Problemen wie Stress, Angst und Depressionen erhöhen

  • Denn körperliche Aktivität hilft auch dabei, dass Kinder sich glücklicher, ausgeglichener und zufriedener fühlen. Sie kann dazu beitragen, Stress und Angstzustände zu reduzieren und helfen, sich zu entspannen.

Wie viel Bewegung ist nötig?

Es wird empfohlen, dass Kinder mindestens 90 Minuten körperliche Aktivität pro Tag ausüben sollten, um diese gesundheitlichen Vorteile zu erhalten. Dabei sollten die Aktivitäten altersgerecht und abwechslungsreich sein, um den Spaß an der Bewegung zu fördern.

Hier findest du die Empfehlung der BZgA.

Was passiert in unserem Gehirn, wenn wir uns bewegen?

Das ist wahrscheinlich gut vorstellbar. Wenn wir uns bewegen, kommt der Kreislauf in Schwung und der Körper – und auch das Gehirn – werden mit Sauerstoff versorgt. Damit wird unser Gehirn leistungsfähiger, besonders dann, wenn wir uns draußen an der frischen Luft bewegen.

Bewegung kann auch die Neuroplastizität fördern, die Fähigkeit des Gehirns, sich zu verändern und anzupassen. Wenn Kinder sich bewegen, können sie neue neuronale Verbindungen und Schaltkreise im Gehirn entwickeln, die für die Motorik, sensorische Verarbeitung und Kognition wichtig sind. Dies kann dazu beitragen, dass das Gehirn flexibler und anpassungsfähiger wird, was langfristige Auswirkungen auf die kognitive Entwicklung und das Lernen haben kann. So kann sich die kognitive Flexibilität von Kindern verbessern, indem sie die Vernetzung von Gehirnzellen fördert und somit die Fähigkeit erhöht, zwischen verschiedenen Aufgaben und Problemlösungsstrategien zu wechseln.

Bewegung ist eng mit sensorischer Verarbeitung verbunden, da Kinder Informationen aus ihrer Umgebung aufnehmen und verarbeiten müssen, um angemessene Bewegungen auszuführen. Die sensorischen Areale des Gehirns sind für die Verarbeitung von Informationen aus den Sinnesorganen verantwortlich, die für die Wahrnehmung von Körperhaltung, Gleichgewicht und Bewegung erforderlich sind.

Bewegung und kognitive Funktionen sind ebenfalls eng miteinander verbunden. Bewegung kann dazu beitragen, dass Kinder ihre Aufmerksamkeit, Konzentration und Gedächtnis verbessern. Wenn Kinder sich bewegen, werden verschiedene Bereiche des Gehirns aktiviert, einschließlich der präfrontalen Areale, die für die kognitive Kontrolle und die Planung von Handlungen verantwortlich sind.

Wer sich bewegt, produziert Botenstoffe (so genannte Neurotransmitter) im Gehirn. Sie haben vielfältige Aufgaben und regeln unter anderem auch Abläufe wie Gedächtnisleistung, Lernvermögen und unser Wohlbefinden. So werden dabei beispielsweise Endorphine, Serotonin und Dopamin produziert. Endorphine wirken als natürliche Schmerzmittel und können ein Gefühl von Wohlbefinden und Euphorie erzeugen. Serotonin ist ein Botenstoff, der für die Regulierung von Stimmung, Schlaf und Appetit wichtig ist. Eine ausreichende Produktion von Serotonin kann dazu beitragen, Depressionen und Angstzustände zu reduzieren. Dopamin ist ein Neurotransmitter, der für die Belohnung und Motivation im Gehirn verantwortlich ist. Eine ausreichende Produktion von Dopamin kann dazu beitragen, das Selbstwertgefühl und die Motivation zu steigern.

Bewegung kann die emotionale Regulation von Kindern verbessern, indem sie dabei hilft, den Cortisolspiegel im Körper zu regulieren. Cortisol ist ein Hormon, das für die Stressreaktion verantwortlich ist. Bei andauerndem Stress ist der Cortisolspiegel konstant erhöht, was die Lernzentren blockiert. Und wir wissen es von uns selbst: wer sich wohl fühlt und entspannt ist, der lernt besser.

Bewegung und Lernen – einige Vorteile

Wenn wir sportliche Betätigung und Lernen abwechseln, ist das für die Leistung des Gehirns optimal. In Studien an Schulen konnte man zeigen, dass täglicher Sport die Lernleistung der Schüler verbessert. Anstatt lange Zeit am Stück zu sitzen und zu lernen bzw. Hausaufgaben zu machen, sollte man lieber eine Pause einlegen und sich am besten draußen bewegen ca. 30 Minuten lang.

Kinder und Jugendliche, die sich regelmäßig bewegen, haben ihre Impulse besser unter Kontrolle. Es wird angenommen, dass Bewegung und körperliche Aktivität dazu beitragen können, die Entwicklung bestimmter Gehirnregionen zu fördern, die mit der Impulskontrolle und der Selbstregulation verbunden sind. Insbesondere kann Bewegung die Entwicklung des präfrontalen Cortex fördern, der für die Regulierung von Emotionen, Aufmerksamkeit und Verhalten wichtig ist.

Durch Bewegung und Sport lernt ein Mensch sich selbst, seine körperlichen Fähigkeiten und die eigenen Grenzen kennen. Das findet in jedem Alter statt. Und wenn wir regelmäßig trainieren, dann können wir uns verbessern. Das wiederum stärkt das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl.

Sportarten, die eine besondere Koordination erfordern, haben einen besonderen Effekt auf Aufmerksamkeit, Reaktionsvermögen und Konzentration. Ballspiele zählen zum Beispiel dazu. Dabei spielt es keine Rolle, ob es eine definierte Sportart wie Handball, Volleyball oder Basketball ist oder ein freies Spiel. Kinder lernen hierbei automatisch, ihre Aufmerksamkeit zu fokussieren, sich auf das Spiel zu konzentrieren, Spielzüge zu planen und ihr Handeln und ihre Reaktionen darauf auszurichten. Nebenbei setzen sie sich spielerisch mit sozialen Aspekten des Zusammenspiels auseinander.

Wenn Kinder und Jugendliche zusammen spielen, dann brauchen sie Absprachen und Regeln, damit das Zusammenspiel gelingt. Hierbei können sie wertvolle Erfahrungen über den Umgang miteinander und über Absprachen machen, an die sich jeder halten muss, damit ein Miteinander funktioniert. Und auch wenn es manchmal laut wird und uns Eltern schwer fällt: sich nicht einmischen, Freiraum lassen und eigene Erfahrungen machen lassen – auch wenn sie frustrierend sind.

Wie sieht die Realität in deiner Familie aus?

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Bewegung ist ein Grundbedürfnis von Kindern, sie haben von Natur aus ein angeborenes Bewegungsbedürfnis und sind neugierig und aktiv. Außerdem spielt Bewegung eine wichtige Rolle für ihre körperliche und geistige Gesundheit, für ihre Entwicklung und ihr Wohlbefinden. Allerdings verbringen viele Kinder heute einen Großteil ihrer Zeit im Sitzen. Zum einen sitzen sie natürlich in der Schule viele Stunden pro Tag und später bei den Hausaufgaben, aber auch in ihrer Freizeit fehlt durch Fernsehen, Computerspiele oder Smartphone-Nutzung oft genügend Bewegung. Wie sieht es bei dir und deiner Familie aus?

Was könntest du tun, damit es dir und deiner Familie gut geht mit Bewegung und Lernen?

Jede Familie ist einzigartig und so gibt es natürlich unterschiedliche Möglichkeiten, was du tun könntest, um dein Kind (und dich) bei körperlichen Aktivitäten zu unterstützen. Überlegt vielleicht auch gemeinsam, was jedem gut tut und Freude bereitet.

Die Voraussetzung: Auf Bedürfnisse achten

Wichtig ist als erstes, aufmerksam zu sein und darauf zu achten, welche Bedürfnisse es gibt. Denn häufig gehen wir nach „Schema F“ vor, wie zum Beispiel: Heimkommen, Essen, Hausaufgaben machen etc.“, ohne überhaupt darauf zu achten, ob es der jeweiligen Situation gerecht wird.

Mögliche Situationen

1. Alles super

Bei euch ist alles super. Ihr seid alle fit und in Bewegung und habt eine gute Balance gefunden, die euch gut tut. Dann freut euch und behaltet das unbedingt bei!!

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2. Bewegung zum Abbau von Anspannung

Dein Kind kommt von der Schule nach Hause und ist unausgeglichen, gereizt und angespannt. Dann könnte es durchaus sein, dass es nach dem Schulalltag und den vielen Stunden, in denen es still sitzen musste, Bewegung braucht.

In dem Fall ist es nicht hilfreich, direkt mit den Hausaufgaben zu beginnen, wo man auch noch still sitzen und konzentriert arbeiten soll. Auch die Nutzung von Smartphone oder Fernsehen ist in diesem Fall nicht sinnvoll, da es zwar ablenkt, aber in der Regel das Hirn weiterhin stimuliert und keine wirkliche Entspannung schafft. Außerdem fehlen die positiven Elemente der Bewegung. Also lieber erst einmal die Anspannung, den Frust und sonstige Gefühle über körperliche Aktion abbauen und wieder ins Gleichgewicht kommen.

3. Bewegung, um den Kopf frei zu bekommen

Dein Kind ist erschöpft und sein Kopf ist voll. Dann schau ob es erst einmal Ruhe braucht. Dann kann es helfen, erst einmal eine ruhige, entspannende Tätigkeit zu machen wie Malen, Basteln oder ein Hörbuch hören. Oder vielleicht hilft es, sich zu bewegen, um den Kopf wieder frei zu bekommen. Frag dein Kind und probiert es einfach aus.

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4. Bewegung nicht als Strafe oder Belohnung

Ich weiß, dass es oft nahe liegt zu sagen: Wenn du jetzt nicht Hausaufgaben machst und lernst, dann gehst du nicht raus, nicht zum Sport etc. Oft ist es aber kontraproduktiv. Denn Bewegung ist so wichtig – auch um gut lernen zu können. Und wenn es als Belohnung bzw. Bestrafung benutzt wird, kann es einen ungünstigen Teufelskreis in Gang setzen, an dessen Ende viel Gutes verloren geht. Deshalb nutze wenn möglich Sport oder Bewegung nicht als Strafe.

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Bewegung muss kein Sport im Verein sein. Einfach rennen, Ball spielen, klettern, Rad fahren und spielen zählen auch dazu! Ich wünsche euch viel Spaß beim Ausprobieren.

Demnächst kommen auch Infos zum Thema „Warum hat mein Kind keine Lust auf Bewegung“.