Persönliche Sprache

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Wer mich kennt, der weiß, dass ich ein großer Fan von einer klaren, persönlichen und gleichzeitig wertschätzenden Sprache bin. Und weil ich davon überzeugt bin, dass eine klare und persönliche Sprache unser Leben langfristig gesehen zufriedener und glücklicher macht, möchte ich in diesem Artikel etwas darüber erzählen, welche Vorteile es mit sich bringt, so zu kommunizieren und was uns davon abhalten könnte, es zu tun. Wenn du keine Zeit hast, alles zu lesen, dann springe doch einfach ans Ende zum Experiment.

Ein Beispiel für eine persönliche Sprache

Zuerst möchte ich ein Beispiel geben, was für mich eine klare und persönliche Sprache bedeutet. Wenn du mit deinem Kind sprichst – wobei das genau genommen für alle Gesprächspartner gilt – dann würdest du nicht sagen: „Das macht man nicht“, sondern würdest sagen: „Ich will, dass du das lässt“ (oder was auch immer du willst). Wenn ihr in einem Restaurant seid und dein Kind laut ist, würdest du nicht sagen: „Du bist unmöglich. Kannst du dich einmal benehmen? Du störst die Leute“, sondern „Ich finde, du bist gerade zu laut. Sei leiser.“

Das erreichst du durch diese Ausdrucksweise

Mit der Formulierung: „Ich finde, du bist gerade zu laut. Sei leiser“ erreichst du folgende Dinge:

  • Durch „ich finde“ bleibst du bei dir und deiner Wahrnehmung – denn andere Menschen könnten die Situation anders wahrnehmen.

  • Durch das „gerade“ beziehst du dich auf diesen Augenblick. Es bedeutet nicht, dass dein Kind immer zu laut ist.

  • Durch „sei leiser“ gibst du deinem Kind eine Richtung, was es tun soll. Denn selbst wenn für uns Eltern klar ist, was wir meinen, heißt das noch lange nicht, dass es auch für unsere Kinder klar ist.

Durch die Ausdrucksweise „“Du bist unmöglich. Kannst du dich einmal benehmen? Du störst die Leute“ kann Folgendes passieren:

  • Dein Kind hört ein Urteil über sich und wird es als Selbstbild annehmen, wenn es das oft genug hört. Ein Teufelskreis entsteht.

  • Die Integrität deines Kindes wird durch dieses Urteil verletzt und das schmerzt.

  • Du als Person bist nicht greifbar, da du die Verantwortung auf die (von dir angenommene) Wahrnehmung der anderen Leute abgibst. Dein Kind wird wissen wollen, wie du die Sache wahrnimmst und weiter versuchen, das herauszufinden.

Durch die „Ich-Formulierung“ bist du also als Person erkennbar mit deiner eigenen Meinung. Du fällst kein Urteil über den Charakter deines Kindes, sondern sagst, wie du es  in diesem Moment wahrnimmst. Beim nächsten Mal kann es somit auch anders sein. Auf diese Weise kannst du also sagen, was du willst, ohne dein Kind in seiner Integrität zu verletzen.

Weitere Vorteile einer persönlichen Sprache

  • Du erhältst eine bessere Kommunikation und Verständnis in Beziehungen.

  • Du sparst Zeit und Energie, da du klar sagst, was du rüberbringen möchtest und damit die Verständigung erleichterst.

  • Du kannst einen besseren Umgang mit Konflikten erreichen, da dein Gegenüber besser versteht, was du meinst und welche Bedürfnisse bzw. Wünsche du hast. So erreichst du eine gute Abgrenzung für dich und kannst chronischen Stress vermeiden.

  • Du kannst Missverständnisse vermeiden und dadurch Konflikte reduzieren.

  • Du teilst auf diese Art deine Wünsche, Bedürfnisse und Erwartungen klar mit. Das hilft oft auch, mehr Klarheit und Stärke für dich selbst zu entwickeln.

  • Letztendlich baust du auf diese Weise mit deinem Kind bzw. deinem Gesprächspartner/deiner Gesprächspartnerin eine tiefere Verbindung auf, was wiederum zu mehr Vertrauen, Respekt und einer tiefergehenden Beziehung führt.

Der letzte Punkt ist mir besonders wichtig. Durch die persönliche Sprache wirst du als Person für dein Gegenüber greifbar. Du gibst nicht wieder, was „man“ so macht, sondern was dir wichtig ist und was du willst. Das schafft Verbindung und Vertrauen.

Angst vor Verletzung und Verantwortung

Warum verwenden wir nicht häufiger eine persönliche Sprache? Mein Eindruck ist, dass wir es zum einen nicht gewohnt sind, uns klar und persönlich auszudrücken. Zum anderen können folgende Faktoren dazu führen, dass wir uns nicht persönlich ausdrücken, darunter vor allem die Angst vor Verletzung und Verantwortung:

  • Wir wissen selbst nicht, was wir tatsächlich denken oder fühlen – es ist uns nicht bewusst.

  • Wir wissen nicht, wie wir uns klar und persönlich ausdrücken, da wir es nicht gelernt haben.

  • Wir trauen uns nicht, unsere Bedürfnisse und Wünsche auszudrücken.

  • Wenn wir in unserer Kindheit gelernt haben, dass es nicht sicher ist, klare Sprache zu verwenden, weil es zu Konflikten oder Bestrafungen führen kann, kann dies unsere Fähigkeit beeinträchtigen, klare Sprache als Erwachsene zu verwenden.

  • Wir haben Angst, dass es zu Konflikten führen kann, wenn unser Gegenüber anderer Meinung ist – also verwendet „man“ eine vage und unklare Sprache.

  • Wir werden verletzlich, da wir etwas über uns preisgeben.

  • Wir übernehme die Verantwortung für unsere Handlungen und unser Verhalten, wenn wir persönlich sind. Das wollen Menschen oft vermeiden und nutzen eine vage Ausdrucksweise. So hat „man“ die Möglichkeit, seine Aussagen später zu leugnen oder zurückzunehmen, falls sie unerwünschte Konsequenzen haben – allerdings zu dem Preis, dass man sich selbst verleugnet und sein Selbstwertgefühl schwächt.

Ein Experiment

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Wie wäre es mit einem kleinen Experiment für die nächste Woche? Achte einmal darauf, wann du „man“ sagst. Und dann ersetze es durch „ich“ und achte darauf, was passiert. Fällt es dir leicht, wie fühlt sich das für dich an und wie reagieren andere darauf? Einige Menschen erzählen mir, dass es am Anfang ziemlich komisch ist und fast so etwas wie ein Schamgefühl dabei ist. Es wird aber mit der Zeit meistens immer leichter und fühlt sich irgendwann richtig gut an. Weil du dann für dich einstehst und dir die Verantwortung und damit auch die Kontrolle in dein Leben zurückholst. Probiere es doch einfach mal aus!

Wenn dich das Thema interessiert, dann schau doch einfach mal unter „Gewaltfreier Kommunikation“ oder unter meinen Kursen nach.